Samstag, 30. Mai 2020

[Buchrezension] Zaghaft - B. S. L. Peschka (Sophie & Cassian 1)

Werbung/ Rezensionsexemplar

Titel: Zaghaft
Reihe: Sophie & Cassian 1
Genre: Young Adult
Verlag: selfpublished
Preis: € 12,83 Taschenbuch; € 3,99 ebook
Erschienen am: 14.05.20
Seitenzahl: 304

Leseempfehlung? Der Anfang hat durchaus eine Chance verdient, aber schraubt eure Erwartungen runter.



"„Cassian fand alles an Sophie schön, wie sie ging, mit ihren Händen sprach, wie sie ihren Kopf zur Seite neigte, wenn sie lachte ...“
Sophie ist zwei Jahre jünger als Cassian, sie wohnen in derselben Straße, gehen auf dieselbe Schule, haben als Kinder zusammen gespielt. Doch in den letzten Jahren verlieren sie sich aus den Augen.
Ein paar zufällige Begegnungen verschieben die Perspektiven ...
„Etwas hatte sich heute Abend zwischen ihnen verändert. Anstelle der alten Unbekümmertheit war eine neue, aufregende Spannung getreten ...“

Sie fangen an, etwas füreinander zu empfinden – vorsichtig, ungläubig und unsicher.
„Sophie erwiderte zaghaft seinen Kuss, kam ihm entgegen, als würde sie ein unsichtbares Band zu ihm ziehen ...“
Doch es kommt zu Missverständnissen und einem traumatischen Erlebnis.
Ob aus diesem Chaos noch Liebe werden kann?
„Cassian küsste Sophie so, wie er noch nie ein Mädchen geküsst hatte, mit all seiner Liebe, sanft und zärtlich, heiß und sinnlich und völliges Neuland begehend.“
Ende gut! Alles gut? Angst, Eifersucht und Zweifel könnten alles zerstören ..."
Quelle

"Bärbel Sabine Lioba Peschka ist als drittes von vier Kindern 1967 im Rheinland geboren und hat einen pinken Stuhl auf Reisen geschickt. Sie ist promovierte Biologin und Humangenetikerin, hat zwei tolle, große Kinder und keine Haustiere. Dafür sammelt sie Erstauflagen von Pixibüchern und Postkarten mit Zitaten, die sie auch gerne an die passenden Personen verschickt. Sie gibt das Magazin Ohrenkuss heraus, bei dem alle Autoren ein Chromosom mehr haben als sie, denn sie haben das Down-Syndrom. Mit ihnen teilt sie die Leidenschaft des Schreibens. Silvester verbringt sie immer mit vielen Freunden auf einer Burg, genießt einsame Urlaube auf einer Finca und in Maßen Gartenarbeit. Zum Ausgleich malt sie und gestaltet immer wieder ihr Haus um. Außerdem liebt sie Gesellschaftsspiele, Nudeln in allen Variationen, Kabarettabende und Bücher, Bücher, Bücher ...
Inspiration für ihre Romane sind Ereignisse aus ihrem Alltagsleben, gemischt mit eigenen Erfahrungen und aufgeschnappten Erlebnissen, die das Leben ihr vor die Füße spült. Den Rest erledigt ihre Fantasie.
Ihre Liebesromane garantieren schöne Stunden und haben selbstverständlich ein Happy End, auch wenn der Weg dahin nicht immer leicht ist.Und übrigens: Während ihrer Schreibphasen bricht nicht das Chaos aus, es unterstützt sie kein Gatte und die Kinder müssen auch nicht wochenlang nur Tiefkühlpizza essen – es geht auch mit Salbeispaghetti und Weißwein, Muße und langen Gesprächen und Ausschlafen."
Quelle

"ZACK! Ohne Vorwarnung stieß Cassian mit Sophie zusammen, als er in die Küche stürzte, um sich noch schnell einen Apfel zu schnappen, bevor er zu seiner Bandprobe aufbrach."

Das Cover gefällt mir sehr gut. Es hat zwar, wie so oft in dem Genre, keinen großen Bezug zum Inhalt, aber ein Hingucker ist es allemal. Ich mag die pastellige Farbgebung und die Pfingstrosen und vor allem, dass es recht schlicht gehalten ist, aber wegen seiner Stimmigkeit trotzdem ins Auge sticht.
Gelungenes Coverdesign! 😊

Vorab muss ich sagen, dass es mir wirklich nicht so leichtfällt, diese Rezension schreiben, da ich mich auch mit dem Buch etwas schwergetan habe. Ich wollte es wirklich, wirklich mögen, vor allem weil der Klappentext so sehr nach wunderschöner, herzergreifender Liebesgeschichte klingt, aber leider wurde ich etwas enttäuscht. Aber mal langsam, denn es gibt durchaus Aspekte, die mir sehr gut gefallen haben.

Was beim Lesen von Sophie & Cassian wohl sofort auf der ersten Seite auffällt, ist der ungewöhnliche Schreibstil. Die Geschichte der beiden Protagonisten wird dem Leser von einem auktorialen Erzähler nahegebracht, was man sonst höchstens vielleicht mal in Fantasybüchern vorfindet, YA bzw. NA wird aber ja sonst eher aus der Ich-Perspektive oder der dritten Person erzählt. Ich war also durchaus überrascht und zugegebenermaßen anfangs auch nicht wenig verwirrt, aber ich habe mich trotzdem darüber gefreut.
Ich finde es immer sehr erfrischend, wenn Autoren neue Dinge ausprobieren oder den Mut haben, etwas zu machen, was sich andere in dem Genre nicht trauen und was sie von ihren Kollegen abhebt. Und die Erzählperspektive ist ja kein irrelevanter Teil einer Geschichte!

Allerdings habe ich trotz meiner Bemühungen, mich damit anzufreunden, doch sehr schnell gemerkt, dass ein auktorialer Erzähler in YA nichts für mich ist. Durch den allwissenden Erzähler erfährt man zwar alles über die Gedankenwelt der Figuren, aber trotzdem hat sich nach recht kurzer Zeit zwischen mir und den Charakteren eine gewisse Distanz eingestellt, die sich auch nicht mehr überbrücken ließ. Man hat eben das Gefühl, als würde man das Geschehen nur aus der Vogelperspektive beobachten und kann sich so nicht richtig in Sophie und Cassian hineinversetzen. 
Diese Beobachterrolle, die man einnimmt, führt außerdem auch dazu, dass vor allem intime Szenen zwischen Sophie und Cassian eher seltsam und unangenehm wirkten. Man konnte sich, wie gesagt, nicht hineinfühlen. Ich persönlich habe mich ein wenig fehl am Platze gefühlt.

Was die beiden Protagonisten angeht, konnte ich zu Sophie noch einen gewissen Draht aufbauen. 
Sie war mir vor allem zu Anfang sehr sympathisch, weil sie selbstbewusst wirkte und zu wissen schien, was sie wollte. Im Laufe der Handlung ist sie dann aber immer stiller und blasser geworden, was einerseits natürlich darauf zurückzuführen sein könnte, was ihr widerfahren ist (dazu später mehr), aber nichtsdestotrotz hatte ich den Eindruck, nicht das gleiche kecke Mädchen vor mir zu haben, das ich anfangs kennenlernen durfte. 
Das fand ich ein wenig schade, aber umso mehr habe ich mich dann gefreut, als sie irgendwann ihre anfängliche Stärke zurückgewinnt, und andere wieder wissen lässt, wo der Hammer hängt.

Cassian dagegen ging mir teilweise gehörig gegen den Strich. Er mag zwar durchaus ein netter Junge sein, aber meines Erachtens war er teilweise zu einnehmend und bestimmend bzw. besitzergreifend Sophie gegenüber, was fast schon Grundzüge toxischen Verhaltens hatte und ich dagegen nicht romantisch finde.
Das ist anfangs nicht sofort ersichtlich, da er sich durchaus rührend um Sophie kümmert, aber je mehr Zeit er mit ihr verbringt, desto stärker kristallisiert sich das heraus und vor allem in einer Szene gegen Ende zeigt sich sein besitzergreifendes Verhalten besonders, wie ich finde (diejenigen, die das Buch gelesen haben, werden bestimmt wissen, welche Szene ich meine).


Gut fand ich wiederum, dass hier die Thematik sexueller Übergriffe gegen Frauen aufgegriffen wird. Ich finde es wichtig, wenn darüber geredet wird, nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern überall, und das schließt auch Bücher mit ein. Sehr positiv ist mir aufgefallen, wie Frau Peschka dargestellt hat, was die Gewalt mit Sophies Psyche anstellt. Man hat gemerkt, wie einschneidend dieses Erlebnis für sie gewesen sein muss und konnte sich gut vorstellen, was sie durchgemacht hat, auch wenn man das selbst, wenn man es nicht erlebt hat, wohl nie in Gänze nachvollziehen können wird.

Was mich dann auf der anderen Seite wieder sehr gestört hat, ist dass man als Leser den Eindruck bekommt, dass der Angriff auf Sophie nicht dazu genutzt wird, den Leser zum Nachdenken und zum Diskurs anzuregen, wie es bei solch ernsten Themen eigentlich sein müsste, sondern er stattdessen anscheinend als Basis für die Beziehung zwischen Sophie und Cassian dient – also als Plot Device.
Wie gesagt, es ist wichtig, dass vermeintliche Tabuthemen wie Gewalt gegenüber Frauen auch in Büchern angesprochen werden. Aber genauso wichtig ist es, dass das mit der erforderlichen Sensibilität angesprochen wird, was man jedoch infrage stellen kann, wenn ein solcher Angriff als Ventil genutzt wird, um eine Geschichte entstehen zu lassen.

Ähnliches gilt im Übrigen für die Darstellung von LGBT+-Charakteren. Es stört mich immer, wenn ich YA oder NA lese, in denen es nur heterosexuelle Charaktere gibt, weil das eben nicht der Realität entspricht und gleichgeschlechtliche Liebe normalisiert werden sollte. Nennt mich meinetwegen Idealist, aber Repräsentation des Pluralismus ist mir auch aus persönlichen Gründen wichtig. Deshalb freue ich mich schon, wenn es auch nur LGBT+-Nebencharaktere gibt, weil allein das immer noch viel zu selten ist. 
Tamash ist einer dieser Charaktere, allerdings hat mich seine Darstellung keine Luftsprünge machen lassen. Er ist der typische klischeehafte flamboyant gay – den es so durchaus gibt, versteht mich da nicht falsch. Aber wenn der einzige homosexuelle Charakter in einer Geschichte ausgerechnet so over the top ist wie Tamash, bekommt das Ganze wieder einen schalen Beigeschmack, der ganz nach Plot Device und Für-Die-Lacher-Zuständig klingt und eben nicht nach Repräsentation.

Das letzte, was mich beim Lesen sehr gestört hat, sind die sehr stark ausgeprägten Geschlechterrollen. Vor allem ein meiner Meinung nach mittlerweile überholtes Männerbild steht hier im Vordergrund. Das ist vor allem in Cassians einnehmenden Verhalten, was Sophie betrifft, erkennbar, gerade auch in Bezug auf Julian, Sophies Tanzpartner, mit dem er sich in ihren Angelegenheiten abstimmt (fast schon bestimmt), als wäre sie selber nicht dazu in der Lage zu entschieden, was gut für sie ist. 
Dazu wird Cassian von Sophie immer als „männlich“ beschrieben – was auch immer das bedeutet.

All das ist am Anfang eher nebensächlich, man bemerkt es nicht wirklich. Aber vor allem im letzten Drittel tritt vor allem das fragwürde Männerbild insbesondere mit Blick auf Cassian sehr stark in den Vordergrund, was mir das Lesen zum Ende hin eher schwerer als leichter gemacht hat.

Der Klappentext verspricht eine süße, leichte, sommerliche Liebesgeschichte, die das Buch aber so leider nicht halten kann. 
Der Schreibstil ist zu Anfang ungewöhnlich, aber nicht unbedingt schlecht, mit fortlaufender Handlung fällt es einem jedoch immer schwerer, sich daran zu gewöhnen. Der auktoriale Erzählstil erschwert es dem Leser, mit den Charakteren warmzuwerden, und manche Szenen werden durch die dadurch geschaffene Distanz unangenehm.

Während man darüber zunächst aber noch hinwegsehen kann und es genießt, wie Sophie und Cassian sich langsam annähern, fällt gerade im letzten Drittel Cassians Entwicklung und generell ein veraltetes Männerbild stark negativ auf, ebenso wie das augenscheinliche Heranziehen des Übergriffs auf Sophie als Mittel zum Zweck. Auch Tamashs sehr stereotypisches Schwulsein hinterlässt – insbesondere in Anbetracht dessen, dass er die einzige LGBT+-Figur im Buch ist – einen bitteren Nachgeschmack.
Ich wollte das Buch wirklich sehr mögen, aber besonders zum Ende heraus hat es mir das nicht gerade leichtgemacht. 

2,5/5 Lesehasen.

 

Vielen lieben Dank an

für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars! ♥


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