Freitag, 18. September 2020

Sehr kurzweilige, aber vollkommen überzeugende Fantasy – Rezension zu „Die Kinder des Namenlosen (MAGIC – The Gathering Multiversum)“ von Brandon Sanderson

 
Werbung/ Rezensionsexemplar

Titel: Die Kinder des Namenlosen
Reihe: MAGIC - The Gathering Multiversum
Genre: High Fantasy
Preis: € 12,99 Taschenbuch; € 9,99 ebook
Erschienen am: 13.04.20
Seitenzahl: 272

Leseempfehlung? Ja, auch wer das Kartenspiel nicht kennt.



"Von klein auf hat Tacenda die Gabe, einen starken Zauber zu wirken, der sie und ihre Familie vor den Monstern in den Wäldern schützt. Doch diese Macht ist zugleich ihr Fluch, denn Tacenda ist dazu verdammt, ein Leben in ewiger Finsternis zu führen: Sobald die Sonne aufgeht, verliert sie ihr Augenlicht, bis es wieder dunkel wird. Eines Nachts versagt der Schutzzauber, und Tacendas Familie wird von den Ungeheuern getötet. Tacenda glaubt, dass der neue Lord, der vor einiger Zeit den alten Herrscher abgelöst hat, dafür verantwortlich ist. Angeblich steht er mit Dämonen im Bunde. Sie bricht in sein Herrenhaus ein, um Rache zu nehmen. Doch schnell muss sie erkennen, dass der Lord alles andere als von dieser Welt ist, und dass sehr viel dunklere Mächte für den Tod ihrer Familie verantwortlich sind … "
Quelle

"Brandon Sanderson, 1975 in Nebraska geboren, schreibt seit seiner Schulzeit fantastische Geschichten. Er studierte Englische Literatur und unterrichtet Kreatives Schreiben. Seit seiner »Steelheart«-Trilogie und den epischen »Sturmlicht-Chroniken« ist der Autor auch in Deutschland einer der großen Stars der Fantasy. Brandon Sanderson lebt mit seiner Familie in Provo, Utah."
Quelle

"Es gab zwei Arten von Finsternis, und Tacenda fürchtete die zweite mehr als die erste."

Zwar gefällt mir die Farbgebung des Covers nicht so gut, aber es kann ja auch nicht jedes Cover in Pink oder Pastellfarben gehalten sein. 😉

Was mir gut gefällt, ist der Mann auf dem Cover, der vermutlich Davriel sein soll. Genauso habe ich mir den Magier jedenfalls vorgestellt! Durch die Totenkopf-Maske, die sein Gesicht halb verdeckt, bekommt er etwas Geheimnisvolles, Mystisches, was durchaus zu seinem Charakter passt. Am besten finde ich jedoch, dass das Cover gezeichnet ist! Normalerweise mag ich Gesichter auf Covern ja nicht so, weil ich es komisch finde, wenn mich auf dem Buch jemand anguckt, aber bei einer Zeichnung ist es wieder etwas anderes, weil dahinter kein „echter“ Mensch steckt.

Der Titel Die Kinder des Namenlosen passt sehr gut zum Inhalt.

Das Buch ist mit seinen 270 Seiten für ein Fantasybuch sehr kurz, also wird am Anfang nicht viel Zeit „verschwendet“ um in die Welt einzuführen. Man wird quasi auf Anhieb in die Geschehnisse geworfen.

Dadurch braucht man zuerst zwar ein bisschen Zeit, um zu verstehen, was alles passiert und wie die Regeln des MAGIC-Multiversums lauten. Das Buch basiert nämlich auf dem Kartenspiel MAGIC: The Gathering, diejenigen, die das Spiel kennen, werden vermutlich noch schneller in die Geschichte finden. Ich kannte das Spiel bis dato nicht, aber ich hatte nach einer kurzen Eingewöhnung auch kein Problem, mich in der Welt zurechtzufinden. Man kann also auch dann viel Spaß beim Lesen haben, wenn man das Spiel nicht kennt!

Das Buch ist, wie gesagt, recht dünn, deshalb ist es von vornherein klar, dass Sanderson sich hier nicht groß ums Worldbuilding gesorgt hat. Wer dennoch enttäuscht davon ist, dass hier wenig zur Umgebung geschrieben hat, hatte also vielleicht nicht die richtigen Erwartungen, denn dann hätte das Buch viel dicker sein müssen, um die Komplexität einer High Fantasy-Welt zu erfassen. Eben so, wie man es normalerweise von dem Genre gewohnt ist.


Die Kinder des Namenlosen hat jedoch andere Qualitäten, mit denen es überzeugen kann, allen voran die beiden Protagonisten Tacenda und Davriel, deren Perspektiven wechseln.
Tacenda wirkt sehr erwachsen für ihr Alter, aber das hat mich nicht gestört. Ich bin ja immer für Authentizität, weshalb ich finde, dass man als Leser merken sollte, ob die Figur ein Kind oder schon älter ist. Aber obwohl Tacenda noch ein Kind ist, passt ihr reifes Verhalten meiner Meinung nach sehr gut zu ihrem Charakter, wenn man bedenkt, was sie durchgemacht hat und dass sie für ihr Dorf schon sehr früh Verantwortung übernehmen musste. Außerdem ist es auch mal erfrischend, eine junge Protagonistin zu haben, die vernunftbegabt ist und nicht völlig hitzköpfig.
Trotz allem muss ich sagen, dass sie, obwohl sie ein gut durchdachter, sympathischer Charakter ist, im Vergleich zu Davriel eher blass wirkt.

Dieser ist nämlich zwar sehr arrogant, herablassen und nur auf seinen Tee und Nickerchen fokussiert – was mit anderen passiert, kümmert ihn nicht groß. Allerdings – und das finde ich gerade so interessant – ist er nicht der typische Antiheld, der ja doch ein ganz weiches Herz hat und viel empathischer ist, als es zunächst den Anschein hat. Davriel ist tatsächlich genau der egoistische Mistkerl, der er anfangs zu sein scheint, der aber auch seine Prinzipien hat und nach diesen handelt. Dabei sind seine Dialoge sehr amüsant, was ihn zu dem großen Highlight des Buches macht. Ich habe oft gelacht. Gleichzeitig erfährt man aber auch einiges über seine Vergangenheit, wenn auch nicht besonders viel. Er muss anscheinend etwas Schlimmes durchgemacht haben. Ich hoffe, man kann bald noch mehr von ihm lesen!
 

Die Kinder des Namenlosen führt ein wenig in das Gathering-Multiversum ein. Es nimmt Bezug auf andere Dimensionen und auch auf die „Wesenheit“, ein Etwas mit großen Mächten, anscheinend weder gut noch böse. Das macht Lust auf mehr, ich fand diese Thematik wirklich spannend.

Zum Schluss werden einige Fragen offengelassen, insbesondere was Davriels Schicksal angeht, aber das stört nicht weiter, da die Geschichte rund um Tacenda in sich geschlossen ist. Außerdem wird so die Hoffnung genährt, dass es tatsächlich bald noch mehr über Davriel zu lesen gibt. 😊

Sandersons Schreibstil hat mir wieder sehr gut gefallen. Er hat es hervorragend geschafft, Tacendas und Davriels Charakter zu erfassen und über einen unterschiedlichen Stil zu transportieren. Besonders durch Davriel beweist Sanderson, wie erwähnt, dass er einen wunderbaren Humor hat. Das und sein insgesamt flüssiger, leicht zu lesender Schreibstil führt dazu, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Gerne möchte ich bald mehr von ihm lesen!

Die Kinder des Namenlosen ist eine gelungene, spannende Einführung in eine neue Buchreihe, die vor allem mit den Protagonisten, dem Schreibstil und viel Humor überzeugt. Man darf nicht so viel in puncto Worldbuilding erwarten, weil es so ein kurzes Buch ist, aber bei nur 270 Seiten bleibt eben nicht so viel Platz, um eine so komplexe Welt wie das Gathering-Multiversum zu beschreiben.
4,5/5 Lesehasen.


„‚Ihr wollt nur rechtfertigen, warum Ihr untätig bleibt, während bessere Leute sterben. Ihr wollt nur so tun, als wäre niemand gut, damit Ihr Euch nicht schuldig dafür fühlen müsst, ihren Schmerz zu ignorieren.‘“ (Tacenda zu Davriel, S. 132)

„‚Ich möchte ja nicht schlecht von Ihrer Durchlaucht sprechen, aber das ist das Problem, wenn man so schlau ist wie er. Man gewöhnt sich daran, sich alles im eigenen Kopf zusammenzureimen, und wenn die echte Welt nicht dazupasst, denkt man sich Ausreden dafür aus.‘“ (Rom zu Tacenda, S. 176)

Vielen lieben Dank an

(c) Heyne
(Randomhouse)

(c) Bloggerportal
(Randomhouse)

für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars! ♥


6 Kommentare:

  1. Schönen guten Morgen!

    Ich fand das Buch auch nicht schlecht, aber irgendwie hatte ich etwas mehr erwartet - auch Bezugnamen auf das Kartenspiel, das ich ja kenne. Allerdings nur die älteren Kartendecks...
    Ein bisschen schade fand ich, dass es als Band 1 beworben wurde, dabei gibt es schon ca. 70 Bücher in dieser losen Reihe, die alle von unterschiedlichen Autoren geschrieben wurden. Ob und wie diese zusammenhängen weiß ich allerdings nicht. Hab von den anderen keins gelesen...

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Huhu Aleshanee!

      Ja, ich kann mir vorstellen, dass jemand, der das Spiel kennt, vielleicht etwas enttäuscht ist. Da ist meine Unwissenheit dann wohl ein Vorteil! :')

      Das habe ich auch schon gesehen. Vielleicht wurde es als Band 1 beworben, weil es das erste aus der Feder Sandersons ist? Es schien mir auch so, als bekomme Davriel jetzt eine zentrale Rolle. Vielleicht also auch deshalb Band 1, weil es (hoffentlich) bald mehr von ihm gibt?
      Denn soweit ich weiß, hängen die anderen Bücher nicht alle zusammen, sondern nur einzelne...

      Ganz liebe Grüße zurück ♥

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    2. Ich bin mir sogar sicher, dass es als Band 1 beworben wurde, weil es von Sanderson ist ... genau das hat mich aber auch geärgert, im nachhinein. Ich finde, da sollten die Verlage schon mit offenen Karten spielen - ich hatte ein völlig falsches Bild bzw. falsche Erwartungen.
      Ich denke auch nicht, dass alle Bücher dieser Reihe zusammenhängen, aber es gibt da sicher eine Vorgeschichte, Hintergründe zu den Ländern etc... vielleicht auch der Figuren. Das weiß ich halt jetzt alles nicht. Und genau so hat es sich auch ein bisschen beim Lesen angefühlt

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    3. Da gebe ich dir völlig Recht. Es passiert leider echt häufig, dass Verlage verschweigen, dass es sich bei dem Buch um den Teil einer Reihe handelt, ich denke, da stecken hauptsächlich (oder nur) kommerzielle Beweggründe hinter. :')
      Gerade hier kann ich mir gut vorstellen, dass bewusst nicht gesagt wurde, dass es gut 70 weitere Bände gibt, da das auf so manch einen Leser ja evtl. abschreckend wirkt. Dann lieber als Band 1 anpreisen, verkauft sich besser. :'D

      Das beste Beispiel ist ja "Dornenthron" von Boris Koch, bei dem Buch hatte es dich, wenn ich mich richtig erinnere, ja auch ganz überrascht, dass es Band 1 einer Reihe ist.
      Man kann nur hoffen, dass die Verlage diese Kritik irgendwann beherzigen...

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    4. Jap, das war Dornenthron. Da stand nichts dass das ein Auftakt ist oder irgendwas in der Art. Auch vom Titel her (es gibt keinen Untertitel) konnte es man sich nicht erschließen... sowas find ich schon irgendwie doof, denn dass es geplant war, also die Fortsetzung, war ja klar, steht ja hinten im Buch ^^

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    5. Ja genau, also wenn es für die Verlage selbst schon offensichtlich ist, dass ein Folgeband erscheinen wird, sollte man eigentlich erwarten können, dass es gekennzeichnet wird, aber na ja... :')
      Randomhouse z. B. schreibt im Bloggerportal mittlerweile, wenn das Buch ein Teil einer Reihe ist und das aus dem Klappentext nicht schon ersichtlich ist. Das finde ich ganz gut, hoffentlich ziehen die anderen Verlage da mit.

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