Donnerstag, 9. April 2020

[Buchrezension] Die Traumdiebe - Cherie Dimaline


Werbung/ Rezensionsexemplar

Titel: Die Traumdiebe
Reihe: Einzelband
Autorin: Cherie Dimaline
Genre: Urban Fantasy, Dystopie
Verlag: Heyne fliegt (Randomhouse)
Preis: € 15,00 Hardcover; € 11,99 ebook
Erschienen am: 09.04.20
Seitenzahl: 304

Leseempfehlung? Nur, wenn man mit unbeantworteten Fragen leben kann.




"Kanada nach der Klimakatastrophe: Die Welt ist hart und unmenschlich geworden. Die Menschen haben die Fähigkeit zu träumen verloren. Nur die wenigen überlebenden Ureinwohner können es noch – und werden deswegen gnadenlos gejagt. Der 16-jährige Frenchie hat so seine ganze Familie verloren. Aber er hat eine neue gefunden: Träumer wie er, die gemeinsam durch die Wildnis des Nordens ziehen, immer auf der Flucht vor den Traumdieben. Ein paar Kinder und Jugendliche, einige Erwachsene und die wunderbare, rebellische Rose. Kann die Macht ihrer Geschichten und das Wissen ihrer Ahnen sie schützen?"
Quelle

"Cherie Dimaline ist ein Mitglied der Georgian Bay Métis Gemeinschaft in Ontario. Sie hat bereits fünf Bücher veröffentlicht. Ihr Roman »Die Traumdiebe« wurde in Kanada zum Bestseller und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Cherie Dimaline lebt derzeit in Vancouver, wo sie an einer Fortsetzung der »Traumdiebe« arbeitet und an einer Filmadaption des Stoffes."

"Mitch grinste breit, und seine Zähne leuchteten im schwachen Licht der Solarlampe, die wir bei einer unserer Suchaktionen in einem Schuppen gefunden hatten."

Das Cover gefällt mir wirklich gut. Zuerst fällt einem in der Mitte der Titel vor ein paar Bergen ins Auge, darüber der Namen der Autorin und eine Feder, die man auch fühlen kann, alles umgeben von regen. Erst bei näherem Hinsehen fällt auf, dass das Cover quasi falschherum ist: Dreht man das Buch, sieht man, dass man auf einen See blickt, im Hintergrund die Berge, die sich im See spiegeln. Das finde ich absolut gelungen und man kann es auch auf Träume beziehen, um die es in Die Traumdiebe ja geht: Träume spiegeln das Unterbewusstsein und die Fantasie der Menschen wider, genau wie der See die Berge spiegelt.
Toll finde ich auch die Feder, die auf die indigene Herkunft der Protagonisten anspielt, sie erinnert auch ein bisschen an Traumfänger.
Auch unter dem Schutzumschlag ist das Buch zwar schlicht aber wirklich schön gestaltet, auf dem Cover ist noch einmal die Feder, die man oben auf dem Umschlag sieht, eingraviert. Die Feder findet sich auch hinter jeder Kapitelüberschrift wieder! Im Deckel sind kahle Bäume skizziert, was nicht nur
toll aussieht, sondern auch zum Inhalt passt.
Der Titel Die Traumdiebe ist ebenfalls wirklich passend, wobei ich den Originaltitel The Marrow Thieves, Dt.: Die (Knochen-)Markdiebe, tatsächlich sogar etwas besser und vielleicht nicht so irreführend finde.

Das Buch beginnt mit „Frenchies Geschichte“ und spielt fünf Jahre vor dem eigentlichen Plot. Man lernt Frenchie, den Protagonisten als Jungen kennen und erfährt, wie es dazu gekommen ist, dass er alleine umherläuft.

Frenchie selbst ist ein netter Protagonist, bei dem es mir allerdings ein wenig schwergefallen ist, eine Bindung aufzubauen. Ich fand ihn nicht unsympathisch, im Gegenteil. Er ist aber eher nichts Besonderes, es gibt nichts, was ihn von anderen Protagonisten abhebt. Die Autorin geht bei seiner Charakterisierung leider nicht wirklich in die Tiefe.
Das ist auch nicht nur bei Frenchie so, alle Figuren bleiben relativ oberflächlich und farblos, sodass man sie zwar mag, aber eine Bindung zu den Charakteren kann man trotzdem nicht aufbauen. Wenn jemandem etwas zustößt, ist man emotional nicht sehr betroffen.
Gleiches gilt für Frenchies Beziehung zu Rose: Sie ist zum einen bereits von Anfang an ziemlich offensichtlich, zum anderen hatte ich wirklich Schwierigkeiten, die (sich anbahnende) Beziehung zwischen den beiden zu nachzuempfinden. Die Beziehung wird gar nicht aufgebaut, sie wird zunächst angeschnitten und dann ist sie einfach da, hin und wieder gibt es ein paar Problemchen. Man hat nicht das Gefühl, dass Frenchie und Rose sich tatsächlich zueinander hingezogen fühlen, vielmehr wirkt es so, als würde die Autorin nur eine Pflicht erfüllen. Nach dem Motto, es ist ein Jugendbuch und in ein Jugendbuch gehört eine Beziehung.


Generell hatte ich beim Lesen so den Eindruck, dass die Autorin einen großen Plan hatte, aber irgendwie nicht zum Punkt kam. Es wird alles irgendwie angerissen, aber nichts wird so richtig ausgeführt.
Gerne hätte ich noch mehr darüber erfahren, wie die Welt denn jetzt so geworden ist, wie sie ist, und was genau es mit den Träumen und den Schulen auf sich hat. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, was passiert ist, dass bis auf die indigene Bevölkerung Nordamerikas alle Menschen die Fähigkeiten verloren haben zu träumen, und wie sie sie von denjenigen, die die Fähigkeit noch besitzen, eigentlich genau stehlen. Die Fragen wirft schon der Klappentext auf, aber über die gesamten knapp 300 Seiten wird keine davon tatsächlich beantwortet. Man hat das Gefühl, das ganze Buch ist bloß eine Einführung; alles wird mal angerissen, damit man es zum Ende dann auflösen kann.
Zu dieser Auflösung ist es dann aber leider nie gekommen. Das Ende kommt sehr plötzlich. Man ist gar nicht darauf vorbereitet, dass das Buch zuende ist, da man ja noch so gut wie gar nichts weiß. Die Traumdiebe endet mitten in der Geschichte, es wird keine der Fragen, die man sich beim Lesen stellt – und das sind nicht nur die Genannten, sondern noch viel mehr – auch nur ansatzweise beantwortet. Alles wird eben, wie gesagt, nur angerissen und man wartet auf die große Enthüllung, aber die wird dann anscheinend vergessen.



Ich will aber nicht nur meckern, ganz so schlecht, wie das alles jetzt vielleicht klingen mag, war das Buch gar nicht. Mir hat nämlich besonders gut gefallen, wie die Autorin die indigene Kultur und die Verbundenheit der Protagonisten mit der Natur in die Geschichte eingebracht hat. Man kann sich ihre Gepflogenheiten und Traditionen ein wenig vorstellen. Auch hier hätte ich mir vielleicht ein bisschen mehr gewünscht, aber schön dargestellt ist es trotzdem.


Auch der Schreibstil Dimalines hat mich sehr mitgerissen. Dort, wo die Story schwächelt, hält einen die Art und Weise, wie die Autorin sich ausdrückt, ans Buch. Ihr Stil ist sehr leicht und flüssig zu lesen, sodass man selbst durch die Stellen fliegt, die teilweise wirklich sehr vorhersehbar sind. Hin und wieder durfte ich sogar lachen.


Das Buch verspricht viel, aber leider wird nur wenig davon erfüllt. Vor allem die Kultur der indigenen Völker, aber auch die Idee, dass Träume eine besondere Macht haben, bieten eine gute Grundlage für das Buch, getoppt wird das Ganze noch durch den tollen Schreibstil der Autorin. Nur leider hat sie dabei nach 300 Seiten vergessen, ein paar der Fragen zu klären. Nichts gegen offene Enden, aber der Leser wird hier doch sehr unzufrieden zurückgelassen. Nichtsdestotrotz lässt es sich leicht lesen, und wer mit unbeantworteten Fragen leben kann, hat hier ein schönes Buch für zwischendurch.
3/5 Lesehasen.




Vielen lieben Dank an

für die Bereitstellung dieses Rezensionsexemplars! ♥

2 Kommentare:

  1. Hallo Sofia,

    ich musste gerade schmunzeln. Meine Rezension zu dem Buch ist ebenfalls heute online gegangen und wir sind uns hier recht einig. Mir war vieles zu nebulös, u.a. diese zukünftige Welt und ihre Funktionsweise.

    Liebe Grüße,
    Nicole

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    Antworten
    1. Huhu Nicole,

      da schaue ich dann gleich mal vorbei! :D
      Das stimmt, da hätte echt gerne mehr kommen können, schade... :(

      LG ♥

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