Sonntag, 11. Oktober 2015

[Buchrezension] Die Bücherdiebin - Markus Zusak

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"Am Grab ihres Bruders stiehlt Liesel ihr erstes Buch. Mit dem »Handbuch für Totengräber« ist eine tiefe Liebe zu Büchern und Worten geweckt, die sie auch dann nicht verlässt, als ihre Welt in Schutt und Asche versinkt. Liesel sieht die Juden nach Dachau ziehen, sie erlebt die Bombennächte über München – und sie überlebt: weil der Tod sie in sein Herz geschlossen hat." 



"Zuerst die Farben."



Ich habe hier ja die Filmausgabe, weshalb man selbstverständlich auch das Filmplakat auf dem Cover sieht. Das Bild wirkt auf mich aufgrund des Hintergrunds sehr eindrucksvoll; man sieht ein riesiges Feuer, in dem Bücher und andere Schriften verbrannt werden, um das Feuer herum stehen Nationalsozialisten. Den meisten Raum im Bild nimmt jedoch Liesel ein, die im Vordergrund steht und den Betrachter anblickt.
Die Kapitel sind alle mittellang, jedoch immer wieder von kleinen "Bemerkungen" unterbrochen. An einigen Stellen sieht man Zeichnungen, die in die Geschichte gehören, und in dieser Ausgabe befinden sich auf S. 190ff. Filmfotos.



Also, erst einmal vorweg: Um den Inhalt und die Bedeutung dieses Buches zu verstehen, sollte man über ein Grundwissen über die NS-Zeit verfügen, insbesondere die wichtigsten Daten. Zwar wird hin und wieder etwas erläutert, aber natürlich nicht durchgehend.
Weiß man also das, was man wissen sollte, berührt dieses Buch einen, wie kaum ein anderes es macht. 

"Vielleicht sollte ich erwähnen, dass jedes Muster zumindest einen kleinen Fehler aufweist und irgendwann über sich selbst stolpert oder kippt."

(S. 308)

Erzählt wird die Geschichte vom Tod selber, der in dieser Zeit ja eine erhebliche Rolle gespielt hat. Das ist zum einen etwas Neues, was man nicht alle Tage liest und macht an sich das Buch noch einmal interessanter. Zum anderen - und was viel wichtiger ist -, erschafft der Autor so eine passende düstere Atmosphäre für die Zeit. Denn dadurch, dass der Tod personalisiert wird und den Leser des Öfteren sogar direkt anspricht, wird der Leser mit eingebunden und das Buch geht einem noch einmal eine Spur näher, als es aufgrund des Themas sowieso schon macht.
Selbstverständlich ist der Tod niemand, der möglichst darauf achtet, niemanden zu verschrecken, allerdings ist er - das fand ich interessant! - genauso wenig jemand, der Angst und Schrecken verbreitet. Vielmehr erfüllt er einfach nur seine Pflicht. Das ist etwas, was mir besonders ins Auge gesprungen ist: Der Autor lässt den Tod nicht für jeden Schrecken auf der Erde als Sündenbock und als Bösewicht hinhalten, sondern spricht ganz klar aus, dass der Mensch für all das Leid selbst verantwortlich ist. Der Tod hat dabei nur die Aufgabe, aufzuräumen, womit er im Zweiten Weltkrieg natürlich eine Menge zu tun hat.
Die NS-Zeit ist mitnichten eine schöne Zeit, also schildert der Autor bzw. der Tod alles ebenso schrecklich und erzählt unverblümt, wie es ist. 
Der Leser braucht also starke Nerven, nicht zuletzt deshalb, weil er sich in die Figuren so leicht hineinversetzen kann. 

"Kann man Glück stehlen? Oder ist das wieder so ein sinnhafter, sündhafter menschlicher Trick?"

(S. 401)

Liesel ist eine tolle Protagonistin, die eine beeindruckende Entwicklung durchläuft: Zuerst ist sie ein junges, verängstigtes Mädchen, das durch den Tod ihres Bruders traumatisiert ist und einzig das Ziel hat, lesen zu lernen. Dabei wird sie dann im Laufe der Handlung von ihrem liebevollen Pflegevater unterstützt und wird so auch immer stärker und klüger. Durch das Lesen mit ihrem Vater lernt sie nicht nur das Verstehen von Buchstaben, sondern auch, immer eigenständiger zu denken, was dazu führt, dass sie Hitler und sein Regime zunehmend hinterfragt. 
Ebenso eine beeindruckende Persönlichkeit ist Max - der Jude, den Liesel und ihre Pflegeeltern in ihrem Keller verstecken. Es ist bemerkenswert, wie der Autor dem Leser seine Situation und Gefühlswelt näherbringt. Max hat kein leichtes Leben, weshalb man auch hier starke Nerven braucht, gerade, weil man weiß, dass das, was er erlebt und fühlt, Tausende von Menschen wirklich erlebt und gefühlt haben - teilweise sogar noch Schlimmeres!

"Was jemand sagt und was passiert ist, ist gewöhnlich zweierlei, [...]."

(Liesel zu Rudi - S. 459)

Und das ist auch genau das, was Die Bücherdiebin  zu so einem besonderen Buch macht: 
Die unverblümte Wahrheit. Der große Wahrheitsgehalt und die Fähigkeit des Autors, diesen dem Leser möglichst nahe zu bringen. 
Dabei setzt Zusak nicht auf Effekthascherei oder unnötige Action, sondern überzeugt ihn einfach mit authentischen Charakteren und der schlichten, schrecklichen Wahrheit .
Deshalb sollte man, wenn man Die Bücherdiebin  liest, wie ich jetzt schon vermehrt gesagt habe, auch die Nerven behalten, auch wenn man - allerspätestens beim Ende -, da kaum eine Chance zu hat.



Ein wunderbares Buch, das dem Leser mithilfe von wunderbaren Charakteren und einem berührenden Schreibstil einen grausamen, aber wahren Einblick in die NS-Zeit bietet.
Der Titel lässt erkennen, dass Bücher und Worte in diesem Buch eine große Rolle spielen. Zusak verdeutlicht in seinem Buch, wie mächtig Worte sein können, da Hitler schließlich allein durch Worte das ausgelöst hat, was Hunderttausende von Menschen getötet hat. 
Und da lässt sich auch die Warnung an die heutige Zeit erkennen: Nur weil wir so etwas schon hinter uns haben, heißt das noch lange nicht, dass wir nicht mehr anfällig für so etwas sind. 
Es kann immer wieder passieren, dass ein machthungriger Mensch das ausspricht, was andere dazu verleitet, ihm zu folgen, wodurch dieser Mensch dann genau das bekommt, was er will: Macht und Reichweite, was uns zwangsläufig 80 Jahre zurückversetzt. 
Gerade in der aktuellen Flüchtlingssituation oder das extreme Auftreten der Pegida im vergangenen Jahr zeigen, dass dieser Zustand - diese Macht der Worte -, immer präsent sein wird. 
Die Bücherdiebin  ist vielleicht auch Unterhaltung, vor allem aber ist das Buch Gesellschaftskritik und Warnung.
5/5 Lesehasen.





(c) Page Thirteen
"Markus Zusak wurde 1975 geboren. Zu den mittlerweile fünf veröffentlichten Romanen des Autors gehören »Der Joker« und der weltweite Bestseller »Die Bücherdiebin«, der in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurde. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Sydney. "


Wer hat das Buch bereits gelesen? Sagt mir eure Meinung!

GLG ♥



7 Kommentare:

  1. Schön rezensiert, das Buch hat mich sehr berührt.

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  2. Hey Sofia,
    das Buch habe ich dieses Jahr auch gelesen.
    Mir hat es richtig gut gefallen. Mal ein anderes Buch wie sonst.

    LG
    Lena

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Sofia
    Ich hab dein Blog grad über die Rezi-Suche entdeckt und gleich ein wenig gestöbert. Wow, die Bücherdiebin steht schon länger auf meiner Mag-ich-lesen-Liste, bisher bin ich aber immer drum herum geschlichten. Nach deiner Rezension hat sich das schlagartig geändert. Ich hab Gänsehaut beim Lesen bekommen und möchte das Buch nun selbst gern so bald wie möglich lesen. Vielen Dank für die tolle Rezension :) Werd dann jetzt mal öfters vorbei schaun und freu mich schon auf deine nächste Rezension.
    liebe Grüße von Sandra von der kreativen Lesezeit (http://www.sandraskreativelesezeit.blogspot.com

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    Antworten
    1. Huhu Sandra,
      oh, freut mich, dass dich die Rezi so mitreißen konnte... :D
      Du musst das Buch echt lesen, das geht wirklich unter die Haut! ;)

      LG ♥

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